Little Chicago, Klein Moskau, Wodkaberg: Der Aschenberg in Fulda hat viele – nicht immer schmeichelhafte Spitznamen. Über die Vergangenheit des Berges sagen sie jedoch nichts aus. Jahrhunderte lang gab es dort nur Felder und Wiesen. Irgendwann rissen ihn sich die Nazis unter den Nagel. Dass dort Tausende Menschen leben, ist noch nicht lange so.
Die mehr als 1000 Jahre alte Geschichte des Aschenbergs
980: Wasgunberg: Erste Urkundliche Erwähnung
Doch lautet eine Grundregel der Namenforschung, bei den Erklärungen nicht von der aktuellen Form auszugehen, sondern zunächst die ältesten Belege heranzuziehen. Und hier erlebt man im Falle des Aschenbergs eine Überraschung. Dieser ist als Bergname sehr früh, nämlich in einer Urkunde Kaiser Ottos II. vom 25. Juli 980 bezeugt. In einer Gebietsschenkung an den Fuldaer Abt erscheint als ein Grenzpunkt der Name „Uuasgunberg“, mit dem zweifellos der Aschenberg gemeint ist. Der mittelalterliche Schreiber setzte statt des „w“ am Anfang ein doppeltes „u“ („double u“), so dass ein „Wasgunberg“ als älteste Form gelten kann. (Quelle: Dr. Thomas Heiler, „Wie der Aschenberg zu seinem Namen kam“, Fuldaer Zeitung vom 20.12.2017)
Herkunfts des Namen Aschenberg
1936: Militärgelände auf dem Aschenberg
Wenige Jahre vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs reißen sich die Nazis den Aschenberg unter die Nägel. Auf ihm errichten sie einen Exerzierplatz. Fortan finden dort militärische Übungen statt. Einige Horaser Bauern verloren deswegen Felder auf dem Aschenberg.
1960/61: Fulda platzt aus allen Nähten
Seit Jahren herrscht Wohnraummangel in Fulda. Nach dem Krieg hat die Stadt etwa 10.000 Heimatvertriebene aufgenommen. Die Zahl der Geburten nimmt wegen des Aufschwungs enorm zu. Viele Eigenheimbesitzer werden von den Wohnungsvermittlern Mieter aufgedrängt. In dieser Phase beginnt die Stadt, in den umliegenden Ortschaften Grundstücke aufzukaufen und sie günstig an Bauwillige abzugeben. So auch in den Jahren 1960/61 auf dem Aschenberg.
Oktober 1962: Ideen für einen neuen Stadtteil
Entlang der Gläserzeller und der Niesiger Straße soll ein neuer Stadtteil entstehen. Er soll mehr als 10.000 Menschen ein Zuhause bieten und ein eigenes Zentrum haben. In den folgenden Jahren wird immer wieder von dem „neuen Frauenberg“, der auf dem Aschenberg entstehen, die Rede sein. Den Ideenwettbewerb für den Stadtteil gewinnt die Hessische Heimstätte aus Kassel. An ihrem Entwurf wird ersichtlich: So viele so nahe beieinander stehende Hochhäuser waren damals nicht geplant.
1966 - 1974: Die ersten 500
1974 zählt der Aschenberg bereits ca. 500 Bewohner. Etwa acht Jahre zuvor waren die ersten Sozialwohnungen an der Steingrube bezugsfertig gewesen. Es folgten die Häuser in der Arleser Straße (68/69). 1970 wurden einige Häuser in der Adenauer Straße fertiggestellt.
1976/77: Raus aus der Baracke
Am 4. Juni 1976 wird das Einkaufszentrum auf dem Aschenberg eingeweiht. Die Plateaubewohner hatten nun Lebensmittelgeschäft, Friseur, Sparkasse, Apotheke, Bäckerei mit Café und Wäscherei direkt vor Ort. Vier Monate später kommt eine Postfiliale hinzu. Bis dahin gab es auf dem Aschenberg lediglich den provisorischen Laden „Bonni Sparsam“ und einige fahrende Händler. Im Jahr darauf zieht die evangelische Kirchengemeinde in ihr Gemeindezentrum. Zuvor hatten die Gottesdienste in einer provisorischen Baracke (s. Foto) stattgefunden. Ebenfalls Mitte der 70er-Jahre entstand die katholische Kirche mit dem Kindergarten St. Lukas.
1977/78: Aschenberg: Beispiel für modernen Stadtbau
Ende der 1970er wächst das Wohngebiert auf dem Aschenberg weiter. Das Baugebiet Aschenberg-Ost entsteht. Auf vorwiegend kleineren Grundstücken wachsen Einfamilienhäuser. Zu dieser Zeit gelten die Planungen für das Aschenbergplateau als Beispiel für modernen Städtebau.
1982/83: Amerikanische Soldaten
In einem Wohngebiet nördlich der Von-Schleiffras-Straße entstehen 34 Zweifamilienhäuser. Dort kommen amerikanische Soldaten höheren Ranges und deren Familien unter. Auch in zwei Hochhäusern der König-Konrad-Straße und in einem Block der Adenerstraße leben bis zum Abzug aus Fulda 1995 ausschließlich Soldaten aus den USA.
April 1989: Zentrum für Bürger und Vereine
Im April 1989 stellt Stadtbaurat Gehrke das Konzept für ein Bürger- und Vereinszentrum zwischen Aschenbergplatz und Einhardstraße vor. Der Entwurf umfaßt einen Lebensmittelmarkt, eine Gaststätte mit Kegelbahn und Bürgersaal sowie einen Jugendraum. Viele Bürger und Vereine störten sich jedoch an einer zu starken kommerziellen Nutzung des Zentrum. Daraufhin wurde der Entwurf um zwei Gruppenmehrzweckräume erweitert.
1990: Höhepunkt der Ansiedlugnswelle
In diesem Jahr erreicht die Ansiedlungswelle aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland ihren Höhepunkt. Bis 1998 ziehen 4000 Russlanddeutsche nach Fulda. Von ihnen leben 1500 auf dem Aschenberg.
1991/92: Zuhause für die Brüdergemeinde
Auf den Wiesen nördlich der Adenauerstraße wird ein neues Baugebiet ausgewiesen. Dort soll ein Wohngebiet mit Ein- und Mehrfamilienhäusern, darunter einige Sozialwohnungen, entstehen. In der Mitte des Baugebiets entsteht 1992 das Gemeindezentrum der christlichen Brüdergemeinde. In den folgenden Jahren siedeln sich immer mehr deutsche Familien aus der ehemaligen Sowjetunion um das Zentrum an. Im östlichen Teil des Bebauungsplans entsteht ein Bolz-/Fußballplatz, ein Ballspielplatz und ein Kinderspielplatz – heute befindet sich dort zudem ein Skaterpark. Von der geplanten Tennishalle wurde nach vermehrter Kritik Abstand genommen.
5. Mai 1998: Update für das Bürgerhaus
Das „überarbeitete“ Bürgerhaus eröffnet – und nennt sich heute Mehrgenerationenhaus. Dort gibt es Angebote für Kinder und Erwachsene. Theater- und Tanzgruppen, Deutschkurse, Länderabende und vieles mehr. Wer Lust hat, kann den Saal mieten und dort feiern veranstalten. Für einige Stunden in der Woche öffnet Lisa Mistretta das Lokal das Mehrgenerationenhauses. Im selben Gebäude befindet sich zudem der Jugendladen. Dessen Streetworker kümmern sich um die Jugendlichen vom Aschenberg. Sie bieten ihnen Alternativen zum Abhängen auf der Straße.